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März im Netzwerk Klimajournalismus: Klima-Themenabend im ORF und destruktive Kritik am konstruktiven Journalismus

Unser nächstes Treffen: Stammtisch mit Alexander Warzilek (Presserat)

Am 20. März um 18.00 Uhr im Climate Lab (1090 Wien) ist Alexander Warzilek beim Stammtisch in Wien zu Gast. Mit dem Geschäftsführer des österreichischen Presserats sprechen wir über ethisch fragwürdige Klimaberichterstattung und wie man dagegen Beschwerde einreichen kann.

Top/Flop des Monats – Klimaberichterstattung, die aufgefallen ist

TOP

  • Klima-Themenabend auf ORF1

Am 22. Februar ging es einen Abend lang auf ORF1 um die Klebeaktionen der Letzten Generation. Moderatorin Lisa Gadenstätter begleitete die Aktivist:innen bei einer Aktion, sprach mit Autofahrer:innen, einer Psychologin und Reinhard Steurer, der an der Universität für Bodenkultur zu Klimapolitik forscht. Die 46-minütige Sendung lässt Platz für ein besseres Verständnis beider Seiten, die für bzw. gegen die Methoden der Aktivist:innen sind. Weniger Sendezeit bekommt dagegen die Verantwortung von Politik und Wirtschaft. Die Forderungen nach Tempo 100 und keine neuen fossilen Bohrungen werden zwar angeschnitten, eine wissenschaftliche Einordnung fehlt aber.

Die gab es dagegen in der darauffolgenden Sendung “Lauter Störenfriede?!”, moderiert von Mariella Gittler. Die Journalistin begleitete Polizei und Rettung, danach diskutierten Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm und Klimaaktivistin Martha Krumpeck im Studio. Es ist die Fortsetzung einer hitzigen Debatte im Jänner in der ZIB 2: Damals bezeichnete Plakolm die Störaktionen der Aktivist:innen als “völlig daneben und respektlos”. Zudem spielte sie die Verantwortung Österreichs in der Klimakrise herunter und überschätzte Österreichs Klimapolitik, die weit an den Klimazielen vorbei regiert.

Dass Österreich keine ambitionierte Klimapolitik macht, wie Claudia Plakolm in beiden Gesprächen behauptet, hat Peter Klien bei “Gute Nacht Österreich” humorvoll aufgearbeitet. | Screenshot: Gute Nacht Österreich/YouTube

Abgerundet wurde der Themenabend mit der Dokumentation “2040 – Wir retten die Welt” von Filmemacher Damon Gameau.

FLOP

  • Destruktive Kritik am konstruktiven (Klima-)Journalismus

Anna Schneider, “Chefreporterin für Freiheit” bei der deutschen Tageszeitung Welt, feuert in ihrem Kommentar „Betreutes Lesen“ gegen den konstruktiven (Klima-)Journalismus. Dieser sei politisch motiviert, eine nervige Bevormundung und verletze journalistische Standards, sei sogar aktivistisch. Zudem kritisiert sie den kürzlich veröffentlichten ”Medienleitfaden zur Klimaberichterstattung” der Psychologists4Future als Exempel für ein angstschürendes, sich selbst verstärkendes Geschäftsmodell.

Dass die Berichterstattung zur Klimakrise Angst machen kann, ist allerdings nicht politisch motiviert, sondern der Realität geschuldet. Die Erderhitzung bedroht unsere Lebensgrundlagen. Konstruktiver Journalismus soll die Leser:innen mit dieser Angst nicht alleine lassen. Aus “Wir sagen, was ist” wird “Wir sagen, was ist, und zeigen auf, wie es weitergehen könnte”, schreibt das konstruktive Online-Magazin Perspective Daily, das ebenfalls von Schneider kritisiert wird.

Der Wunsch nach mehr Klimajournalismus und konstruktiver Berichterstattung kommt übrigens auch vom Publikum: 68 Prozent der Österreicher:innen haben ein großes oder sehr großes Interesse an Nachrichten zur Klimakrise. Doch nur jede zweite Person fühlt sich ausreichend informiert, wie eine Umfrage des Gallup Instituts zeigt. In einer RTL-Umfrage aus dem Jahr 2015 wünschen sich 80 Prozent, dass nicht nur über Probleme, sondern auch über Lösungen berichtet wird. Dem nachzukommen, wäre eine vernünftige Antwort auf die zunehmende Nachrichtenflucht: 36 Prozent der Befragten gaben im letzten Reuters Digital News Report (2022) an, bewusst Nachrichten zu vermeiden, weil sie zu negativ seien und die Stimmung trüben.

Eine “nervige Bevormundung”, wie Anna Schneider kritisiert, ist also nicht der konstruktive Journalismus. Es ist die bewusste Entscheidung, weniger und ausschließlich problemorientiert – also etwa zu Extremwetter oder gescheiterten Klimakonferenzen – zu berichten. Trotz Wunsch des Publikums nach mehr und konstruktiver Berichterstattung.

Wie man konstruktiv über die Klimakrise berichten kann, lest ihr im aktuellen Onboarding-Newsletter unserer Kolleg:innen des Netzwerk Klimajournalismus Deutschland.

Und sonst so? – Aktuelle Fakten, Events und Initiativen

TERMINE:

  • Vom 9. bis 21. März (online) findet der siebte “Pioneers of Change Summit” statt.
  • Am 16. März (10.00 – 11.30 Uhr) erzählt Netzwerk-Sprecherin Verena Mischitz im klimaaktiv-Webinar, warum jede Story eine Klimastory ist.
  • Am 22. März (19:30-21.00 Uhr) findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Junge Wissenschaft” der VHS Urania das Webinar “Klima – Krise – Kapitalismus” statt.
  • Am 23. März (16.00 – 17.30 Uhr) geht es beim Webinar des Clean Energy Wire um Berichterstattung über die Klimaversprechen der Unternehmen – Stichwort “Klimaneutralität”.
  • Am 27. März (17.00 – 19.00 Uhr) veranstaltet die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (OFSE) eine Online-Diskussion zu sozial gerechter Klimapolitik auf globaler Ebene.
  • Am 28. März (10.00 – 11.30 Uhr) spricht Soziologe und Autor Sven Hillenkamp im Webinar von klimaaktiv über die aktuellen Klimaproteste aus Sicht der Forschung.
  • Medienexpertin Christine Gritsch bietet einen umfassenden Workshop über die drei aktuellen IPCC-Berichte an, der in Kooperation mit dem Netzwerk Klimajournalismus stattfindet.
  • Jeden Dienstag (13.00 – 15.00 Uhr) findet die Vorlesung “Verleugnung & Heuchelei in der Klimakrise” des Klimapolitikexperten Reinhard Steurer an der BOKU Wien statt – Gasthörer:innen sind herzlich willkommen.

RESSOURCEN:

  • Im Podcast “Hinter den Zeilen” ging es diesmal um die Rolle des Journalismus in der Klimakrise – zu Gast waren Raphael Thelen, früher Journalist und jetzt Sprecher der Letzten Generation,und die Journalistin Theresa Leisgang.
  • Ein neuer 180-seitiger Bericht der European Broadcasting Union (EBU) unter Alexandra Borchardt liefert lösungsorientierte Empfehlungen zur Berichterstattung über die Klimakrise.

KONSTRUKTIVER KLIMAJOURNALISMUS:

  • Warum die Klima-Bedrohung unser Gehirn überfordert, erklärt Jennifer Sieglar in Folge 5 von 12 der Klima-Reihe des funkkollegs.
  • Die taz startet einen neuen Newsletter zu Klima, Wissen und Utopien.

SCHON GESEHEN?

  • 140 Journalist:innen von rund 40 Medienunternehmen, darunter ORF (zum Artikel) und profil (zum Artikel), untersuchten im Rechercheprojekt “Deforestation Inc.” die Taktiken der vermeintlich nachhaltigen Holzindustrie. Gruselig, aber lesenswert!
  • Der Falter.Natur-Newsletter feiert seine hundertste Ausgabe. In dieser gibt es neun Tipps von Benedikt Narodoslawsky, die euch die Natur näherbringen.
  • Klima im Fernsehen: In der “Klimaminute” in der rbb24 Abendschau spricht Moderatorin Tamy Daum wöchentlich lösungsorientiert über Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
  • Klimaschutz sei zu teuer, sagen so manche. Verfehlt Österreich aber seine Klimaziele – danach sieht es zurzeit aus -, drohen uns u.a. Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wie Bettina Figl in den Salzburger Nachrichten schreibt.
  • Das ManyLabs-Projekt sucht Menschen aus Journalismus und Klimakommunikation, die in einer Umfrage zu verhaltens- und psychologiebasierte Interventionen mitmachen. Gerne bei Stefan Schulreich (Uni Wien) via stefan.schulreich@univie.ac.at melden.
  • Der österreichische Presserat übt scharfe Kritik an einer Kolumne von Mat Schuh in der Zeitschrift “Krone.TV”, in der Klima-Aktivist:innen der Letzten Generation als „Kakerlaken“ und „Abschaum“ bezeichnet wurden.

JOBS, STIPENDIEN UND PREISE:

  • Bis 15. März kann noch beim Covering Climate Now Award eingereicht werden.
  • Bis 24. März könnt ihr euch für ein Fellowship zu cross-border & investigativem Klimajournalismus bei Climate Arena bewerben und an deren Journalismuskonferenz in Prag inkl. Workshop für eure Story-Idee teilnehmen.
  • Bis zum 31. März können Cartoons und Karikaturen zur Klimakrise auf Derkaktus.at eingereicht werden.
  • Bis 03. April kann beim Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus in den Kategorien Text, Elektronische Medien und Nachwuchs eingereicht werden.
  • Bis 15. April können sich Journalist:innen bis 29 Jahre für das Recherchestipendium “Meeresberichterstattung” der Okeanos Stiftung bewerben.
  • Bis 24. April könnt ihr beim K3 Preis für Klimakommunikation einreichen.
  • An der FH Joanneum, Graz startet im Wintersemester 2023/24 ein berufsbegleitender Klimajournalismus-Lehrgang (2 Semester) unter der Leitung von Thomas Wolkinger.
  • Bis 8. April kann man sich über das fjum für die Transatlantic Summer School, die sich lösungsorientierten Journalismus widmet und an der Northwestern University in Chicago stattfindet, bewerben.
  • Bis 15. Mai können Filme zu den Themen Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit und gutes Leben beim Innsbruck Nature Film Festival eingereicht werden.

AUS DEM NETZWERK:

  • Netzwerk-Mitgründerin Katharina Kropshofer und unsere Sprecherin Verena Mischitz wurden vom Branchenmagazin Österreichs Journalist:in unter die Wissenschaftsjournalist:innen des Jahres 2022 gewählt.

Bis bald!

Mona, Naz, Kathi und Lukas


Zahl des Monats: 25.000

So viele Menschen gingen am 3. März laut Veranstalter beim zwölften weltweiten Klimastreik in Wien auf die Straßen. Österreichweit waren es 30.000 Menschen in neun Städten. In Wien waren es diesmal mehr als doppelte so viele Menschen, wie beim letzten Weltklimastreik im September. Damals wurden 12.000 in der Bundeshauptstadt und 20.000 österreichweit gezählt.